Eine spannende Laufbahn durchlief
die Harfe, das Instrument des biblischen Königs David. Die Harfe ist durch
die Jahrtausende immer von einem merkwürdigen
Flimmer von Transzendenz begleitet. Gleichgültig,
in welcher Zeit sie betrachtet wird, wird ihr Klang als
Magie göttlicher, dämonischer,
natürlicher und übernatürlicher
Mächte gedeutet. Mit der fünfsaitigen Kantele
meistert der finnische Gott Wäinämoinen die
Weltschöpfung; mit der Harfe geht David zu Saul,
der von einem bösen Geist gequält wird, und
noch im 19. Jahrhundert ist der Kunstliebhaber der
Meinung, daß rauschende Harfenarpeggien das
Böse vernichten und die Menschen von Sorgen und
ängsten erlösen können.
Die älteste Harfe könnte, wenn es sich nicht
um einen Jagdbogen handelt, um 30.000 v. Chr. gespielt
worden sein. Etwas umstritten ist die Felszeichnung in
einer Höhle bei Ariége (diese Höhle war
zeitgleich zu Lascaux und Altamira bewohnt). Daß
es eine Harfe ist, ist durchaus denkbar, denn der
Meinung der Musikwissenschaftlerin Roslyn Rensch folgend
kann jeder Mensch, der den Bogen zum Jagen kennt, diesen
zu einem Saiteninstrument entwickeln. Tatsächlich
kennen Kulturen ohne Pfeil und Bogen auch die Harfe oder
andere Saiteninstrumente nicht. Dessen ungeachtet, ob in
Ariège eine Harfe abgebildet ist oder nicht, ist
sie eines der ältesten Instrumente, die sich bis in
unsere Zeit erhalten haben. Vielleicht hat die lange
Lebenszeit die Bindung an Magie und Transzendenz
bewirkt.
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Exkurs: Die
Harfe und König David
Nach den Überlieferungen des
Alten Testaments hat die Harfe mit König David den
einen königlichen Interpreten.
In der Bibel ist die Harfe unter dem Namen "Kinnor"
genannt. Der Stammvater aller Harfen- und
Flötenspieler war nach Gen 4, 21 Jubal, der Sohn
Lamechs. Daß dem Instrument ein solches Alter
zugesprochen wurde, ja daß es die Autoren
überhaupt für nötig befanden, sie im
Zusammenhang mit der Menschheitsgeschichte zu
erwähnen, bezeugt die Wertstellung der Harfe im
Alten Israel. So diente die Harfe nicht nur der
Unterhaltungsmusik, sondern begleitete Prophezeiungen
(1Chr 25, 1) und fand auch im Tempel Verwendung (1Chr
15, 16; 2Chr 5,12 u.a.).
So ist es nicht verwunderlich, wenn König Davids
Harfenspiel im Alten Testament ausdrücklich
erwähnt wird. Als König Saul, von dem Gott
sich abgewandt hatte, immer wieder von einem bösen
Geist geplagt wurde, wurde ihm geraten, jemanden zu
suchen, der dann die Harfe spielen würde. Hier ist
deutlich zu sehen, daß man in dieser Zeit der
Harfenmusik die Kraft zuschrieb, Geister zu vertreiben.
In Sauls Auftrag holte man David, schon längst
durch Waffentaten berühmt, vom Hof seines Vaters.
Das Harfenspiel zeigte gute Wirkung; wenn David für
den geplagten König spielte, verließ diesen
der böse Geist. Ganz ungefährlich war diese
Aufgabe allerdings nicht. So versuchte Saul,
aufgepeitscht durch die Eifersucht auf Davids
militärische Erfolge, diesen mit einem Spieß
zu töten, gerade als er zur Beruhigung des
Königs spielte. Er verfehlte David zweimal. Um ihn
in den Tod zu schicken, machte er ihn zum Hauptmann und
hoffte darauf, er würde im Kampf gegen die
Philister fallen.
Als nach langen Kämpfen David das Haus Sauls
überwunden hatte, war er auch als nun angesehener
Heerführer und späterer König noch der
Musik zugeneigt. Sein Harfenspiel wird in späteren
Episoden aus seinem Leben nicht mehr erwähnt, aber
von den insgesamt 150 Psalmen werden ganze 73 David
zugeschrieben. Es handelt sich bei diesen Texten, was an
den Inhalten ablesbar ist, größtenteils um
Lieder der Zeit nach dem Exil, doch die Zuschreibung an
David zeigt die schon damals gepflegte Verehrung des
Königs als Patron der Musik. Es ist kaum eine
Frage, ob der historische David ein Harfenspieler,
Dichter und Sänger war. In der hebräischen
Gesellschaft schadete dies nicht dem Ansehen der Person.
Und so wird die Überlieferung, die König David
so darstellt, zweifellos einen wahren Kern haben.
Jörg Dendl
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Ob die antiken Harfen zuerst in
Ägypten oder Sumer auftraten, läßt sich
nicht mehr rekonstruieren. Durch viele Zeichnungen
überliefert sind die Formen und Größen
der antiken Harfe. Sie ist fünf- bis sechzehnsaitig
und bogenförmig oder dreieckig. Die
Größe bewegt sich zwischen unterarmgroß
und mannshoch, ihr Resonanzkörper ist meist an der
zum Boden gerichteten Seite. Zwar finden sich auch
einzelne Spielerinnen, Priesterinnen und Adelige,
vorwiegend ist die Harfe aber das Instrument der
Männer. Die griechische Harfe der Antike wird unter
dem Sammelnamen Pektis geführt, viele der
Harfenarten (Sambyke, Trigonon, Psalterion, Magadis,
Nablium u.a.) sind nur fragmentarisch beschrieben und in
poetischen Werken überhaupt erwähnt, damit
besteht bei vielen Harfenarten Unsicherheit. In der
Antike war die Harfe als verweichlichend verpönt,
gespielt wurde sie meist von Frauen und nur mit den
lasziven Modi der griechischen Musik als
Hintergrundgestaltung bei Trinkgelagen und erotischen
Spielen. Von der Magadis ist als einzigem antikem
Instrument bekannt, daß darauf eine Oktave
spielbar ist. Von der Magadis leitet Aristoteles das
Singen im Oktavabstand ab.
Mit der Völkerwanderung enden die Aufzeichnungen
über Bau und Nutzung der Harfe, auch hier klafft
eine etwa dreihundertjährige Lücke, die sich
um 800 n. Chr. erst wieder mit dem Utrechter Psalmarum
schließt. Interessanterweise hat sich auf den
Abbildungen im Utrechter Psalmarum der Corpus merklich
geändert, nun hat das Instrument einen mehr oder
weniger breiten Resonanzkörper, dem Spieler
zugewandt, und einen Stamm. Der Tonumfang weist bis zu
drei Oktaven auf, abhängig von der Größe
des Corpus. In den Westen gebracht worden ist die Harfe
von der Völkerwanderung, maßgeblich von den
Normannen bzw. Wikingern und den Angelsachsen.
Vielleicht auch hatten syrische Mönche, die Irland
missioniert haben, dem Westen ein neues Kulturgut
gebracht.
Das Wort harpa, harfe, hearp etc. taucht zum
ersten Mal in den Sagenbüchern der
nordisch-skandinavischen Völker auf, in der Norse
Saga, der Volsunga Saga und v.a . im Beowulf.
Und auch hier ist der Harfenklang ein Schutzschild gegen
böse Mächte.
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Relief mit Darstellung
einer Harfe
12./13. Jahrhundert
St. Nicholas, Aberdeen (Alba) |
Die profane Musik des Mittelalters nutzte die Harfe
gerne, kein Barde oder Troubadour ist ohne dieses
Instrument denkbar. In einigen Volksmusiken hat sie sich
bis heute erhalten. In der christlichen Rezeption des
Mittelalters ist die Harfe ein rein göttliches
Instrument, den ungezählten Nennungen in den Psalmen
folgend, wo die Harfe zum Lob Gottes gebraucht wird, und
der Personenkonstellation David-Saul entsprechend: hier
der gesalbte David mit der Harfe und der Unschuld, dort
der gesalbte und verworfene Saul mit mit Speer und
Schwert. Auch Tiere an der Harfe spielen in der
mittelalterlichen Symbolik eine große Rolle. Bekannt
sind Esel, Affen und Löwen, jedes Tier hat seine
eigene Bedeutung: der Esel hört zwar Gottes Wort,
geht aber stur seinen eigenen Weg und verfehlt damit das
Ziel, der Affe ist das Sinnbild des Unmündigen, den
Gott sich zum Lob eingesetzt hat, und der Löwe ist
der König aus Juda, der Israel das Heil bringt.
Anders als die Orgel hat sich die Harfe nach dem
Mittelalter nicht bei christlichen Feierlichkeiten
erhalten, sondern ist fast ausschließlich in den
profanen Bereich zurückgewechselt. Gebaut wurde sie
nun als Hakenharfe und schließlich als
Doppelpedalharfe, beides für das chromatische Spielen
unabdingbar. Die nun einsetzende Rezeption ist ein
merkwürdiger Mischmasch aus hellenistischem und
frühantikem Verständnis: die Harfe ist das
Instrument für die Dekadenz, Ausschweifung und
Weichheit, das zusätzlich aber auch magische und
götterbeschwörende Bedeutung hat. Und noch ein
wesentlicher Umschwung hat stattgefunden: war bis ins
Mittelalter hinein die Harfe das Instrument des Mannes,
abgesehen von der griechischen Harfe, spielten jetzt v.a.
Frauen darauf. Auch das 20. Jahrhundert hat daran bislang
nichts geändert.
Petra
Roeder
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