Von Agartha und ShambhalaEin sagenhaftes Reich der Mythen und Legendenvon Jörg DendlUpdate: 12. Mai 2011 Alexandre S. Y. d'Alveydre |
Inhalt |
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Einleitung | 18.05.2004 |
H. P. Blavatsky |
18.05.2004 |
Alexandre S. Y. d'Alveydre |
12.05.2011 |
Ferdinand Ossendowski und eine Flucht voller Wunder | 18.05.2004 |
Sven Hedin - Die Antwort der Wissenschaft | 18.05.2004 |
N. Roerich | 18.05.2004 |
Literatur | 18.05.2004 |
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EinleitungDer asiatische Kontinent ist bekanntlich die größte zusammenhängende Landmasse der Erde. Europa ist strenggenommen sogar nur eine Art größere Halbinsel dieses Erdteils. Daher ist es nicht verwunderlich, daß in den letzten Jahrhunderten das Innere Asiens nur langsam bekannt wurde. Doch wenn auch Innerasien mittlerweile als völlig bekannt gilt, letztendlich dank der weit entwickelten Satellitentechnik, wollen die Gerüchte nicht verstummen, irgendwo in den schwer zugänglichen Bergen dieses Gebietes läge ein geheimnisvolles Land. Die Nachrichten über ein nur schwer
erreichbares Land im Inneren Asiens, das nur
Auserwählten Zugang gewährt, drangen seit
der Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder nach
Europa. Einzelne Reisende wurden ihren Mitteilungen
nach an den verschiedensten Orten mit Sagen und
Legenden konfrontiert, die Andeutungen über seine
Lage machten. Der Name des Landes wechselte in den
Berichten. So geht in Rußland die Sage, irgendwo
im Süden Sibiriens liegt das Land 'Belovodye'
(Weißes Wasser). Die Inder berichteten dagegen,
ebenso wie die tibetischen Buddhisten von Shambhala,
einem unterirdischen Reich, dessen Zugänge
irgendwo in den Bergen des Himalaya zu suchen sind.
Und in der Mongolei soll von Agartha
gesprochen werden, einem ebenfalls unterirdisch
gelegenen Reich. Die Gerüchte über ein
geheimnisvolle Land regte James Hamilton zu
seinem Roman "Lost Horizon" an, der im Jahr
1933 erschien. Insbesondere durch die schon 1937
erfolgte Hollywood-Verfilmung wurde das darin
geschilderte Fantasie-Land "Shangri-La" populär
als Ort ewiger Jugend und Freude. In seinem Buch "Phantastische Vergangenheit" schreibt der bekannte französische Grenzwissenschaftler Robert Charroux: "Eine seltsame Legende behauptet, daß Lhasa der weiße Pol der Welt ist, während der schwarze Pol auf der Osterinsel liegen soll. Die dort befindlichen riesenhaften Monolithen sollen die schädlichen Wellen abfangen, um den Gegenpol Lhasa davor zu schützen. Diese Statuen dürften gewissermaßen die 'mineralische Wesenheit' der magischen Kreise gewesen sein und fingen die Gegenstöße auf, wenn die Zauberkünste der Hexenmeister die Person, auf die sie gerichtet waren, nicht trafen. Auf jeden Fall gibt es im Fernen Osten ein Mysterium, das seine Nahrung aus der Sage von Agartha zieht. Die Existenz von Agartha wurde zuerst von Saint Yves d'Alveydre, René Guénon und F. Ossendowski behauptet. Es soll ein unter der Gebirgskette des Himalaja verborgenes unterirdisches Heiligtum sein, wo die 'Meister der Welt' residieren und ihr Amt ausüben." (Charroux, 1969, S. 141-142) Die britische Autorin Jennifer Westwood sieht es nicht als unmöglich an, daß ein solches Land in der Hochgebirgen Asiens existiert. Sie schreibt: "In frühen buddhistischen Schriften taucht es als Chang Shambala auf und wird als Quelle antiker Weisheit beschrieben. Der Glaube an die Existenz dieser Stätte war einstmals weit verbreitet - in China hieß es, im Kunlun-Gebirge gebe es ein Tal, wo Unsterbliche in nichtgekannter Harmonie lebten, während die indische Überlieferung einen Ort Kalapa kennt, wo 'perfekte Menschen' weilten. In Rußland gab es die Sage, man müsse den Weg der Tartarenhorden nur gänzlich in die Mongolei zurückverfolgen, dann fände man Belovodye, wo die heiligen Menschen getrennt vom Rest der Welt im Land der Weißen Wasser wohnten. Shambala, heute Synonym für Shangri-La, lag angeblich im Norden Tibets, wo offensichtlich unpassierbare Gebirge geheime Täler umschlossen, die mit reicher Flora und Fauna gesegnet waren. Hat dieses versteckte Paradies nun jemals existiert, oder war seine Realität lediglich geistiger Natur?" Diese abschließende Frage der Autorin wird die folgende Darstellung des Mythos vom verwunschenen Land in Asien ständig begleiten müssen. Wer sich auf den Mythos von Agartha einläßt, steht zunächst vor dem Problem, überhaupt verwertbare Informationen zu erhalten. In allzu vielen Publikationen des 19. und 20. Jahrhunderts finden sich nur schwache Andeutungen, unbewiesene Behauptungen und widersprüchliche Angaben zu Lage und Geschichte. Und mit der Zeit beginnen sich die Nachrichten zu verdichten, sind Veröffentlichungen zu finden, die in der Beschreibung des großen Mythos deutlicher werden. Einzelne Autoren behaupten, auf ihren Reisen dem Mythos sehr nahe gekommen zu sein. Sie sprachen mit Menschen, die behaupteten, selbst in die Bereiche des unterirdischen Reiches eingedrungen zu sein. Zwischen reiner Sensationsmache und ernsthaften Berichten ist bei diesem Thema nicht zu unterscheiden. Es ist nur möglich, den Mythos zu skizzieren, um ein Bild zu entwerfen, das nur ein Abglanz sein kann. Die Entscheidung, an die Wahrheit des Mythos von dem verwunschenen Reich in Asien zu glauben, bleibt jedem überlassen. Bevor die bekanntesten Darstellungen des Agartha/Shambhala-Mythos vorgestellt werden, soll ein Blick in die populären, leicht greifbaren Darstellungen geworfen werden, die den allgemeinen Kenntnisstand repräsentieren. In den gängigen Lexika zur Esoterik wird Agartha und/oder Shambhala erwähnt, doch mehr am Rande. So schreibt Helmut Werner in seinem "Lexikon der Esoterik" unter der Stichwort 'Agartha': "Ein geheimes Königreich, in dem sich die geistigen Führer der Welt treffen. Hat dieselbe Symbolfunktion wie Sambhala." Dagegen ist der in demselben Lexikon zu findende Artikel zu Shambhala etwas ausführlicher. Werner weist dort darauf hin, daß viele Forscher bemüht seien, diesen mystischen Ort "... mit einem modernen Distrikt oder einer Stadt in Einklang zu bringen, jedoch vergeblich." Im weiteren führt der Lexikonartikel aus, Shambhala werde in den Puranas und an anderer Stelle erwähnt. Nach dem Glauben der Hindus soll von diesem Ort einst der Kalki Avatara der Zukunft, eine Erscheinungsform des Gottes Vishnu, kommen. Die Buddhisten glaubten, von dort komme der Maitreya-Buddha. Die Begründerin der Theosophie, Helena Petrowna Blavatsky, sah in Shambhala ein wirklich existierendes Land. Bis auf die allgemeinen Hinweise auf die Puranas und Madame Blavatsky gibt Werner in seinen Darstellungen allerdings keine Literatur an, die von Agartha oder Shambhala berichtet. Dem Geheimnis näher treten dagegen die Autoren Alberto Manguel und Gianni Guadalupi in ihrem Lexikon literarischer Stätten. Sie halten zwei sehr abweichende Lokalisationen von Agartha fest: Tibet und Sri Lanka. Auch hätten Reisende dieses Land durchzogen, ohne es zu wissen. Dann liefern sie eine Fülle von unglaublichen Details über das versteckte Land: "Ohne Bewußtsein haben sie vermutlich die berühmte Universität des Wissens, Paradesa, angestarrt, wo die spirituellen und okkulten Schätze der Menschheit aufbewahrt werden. Unbewußt sind sie durch Agarthas königliche Hauptstadt gegangen, die einen vergoldeten, mit den Figuren von zwei Millionen Göttern geschmückten Thron beherbergt. Man mag den Besuchern gesagt haben (aber sie erinnern sich nicht mehr), diese göttliche Pracht halte unseren Planeten zusammen. Sollte ein gewöhnlicher Sterblicher jemals einen dieser Götter erzürnen, würde der himmlische Zorn sofort fühlbar: Die Meere würden austrocknen und die Berge zu Wüstensand zermahlen werden. Wahrscheinlich braucht amn nicht hinzuzufügen (auch das haben Besucher gesehen und vergessen), daß Agartha eine der weltgrößten Bibliotheken von steinernen Büchern besitzt und daß in seiner Fauna Vögel mit scharfen Zähnen und Schildkröten mit sechs Beinen vorkommen. Viele Einwohner haben übrigens gespaltene Zungen. Das vergessene Agartha wird von einer kleinen, aber schlagkräftigen Armee beschützt, den Templern oder Konförderierten von Agartha." Als Grundlage dieser Darstellung werden ein Werk des französischen Autors Alexandre Saint Yves d'Alveydre von 1885 und das Buch von Ferdinand Ossendowski "Tiere Menschen und Götter" von 1922 genannt. In der Darstellung von Manguel und Guadalupi sind allerdings zahlreiche Informationen aus diesen grundlegenden Werken aus dem Zusammenhang gerissen und vermischt worden. Dies wird sich zeigen, wenn im folgenden näher auf diese beiden wichtigen Werke zum Mythos des verwunschenen Landes in Asien eingegangen wird. Für den britischen Autor Nevill Drury ist Agartha "... der Name eines legendären Zentrums esoterischen Wissens irgendwo unter den Himalayabergen und wird in der okkultistischen Literatur oft als riesige Höhlenstadt und Sitz eines geheimen 'Königs der Welt' beschrieben, der durch unterirdische Höhlen (etwa Gänge im Gestein des Drachensteingebirges) mit allen Erdteilen in Verbindung steht oder auf telepathischem Wege die Geschicke der Welt beeinflußt. Diese esoterische Legende ist vermutlich eine Aktualisierung der mittelalterlichen Sage vom Reich des 'Priesters Johannes', eines fernen christlichen Herrschers, der das Abendland von der Bedrohung durch den Islam erretten könnte." [Drury,1988, S. 17] Durch seine Ansicht, der Mythos von Agartha sei eine moderne Version der Sage vom 'Priester Johannes', zeigt sich Drury als Skeptiker. Hatte doch das europäische Mittelalter einst gehofft, von dem im Osten der islamischen Reiche liegenden legendären christlichen Königreich Hilfe in den Kreuzzügen zu erhalten. In seiner Wortwahl zeigt Drury eine gewisse Distanz zu dieser Legende, da er ihr offensichtlich kein hohes Alter zugesteht. Doch in mancher anderen Publikation zu Agartha wird ein Szenario entworfen, das mit ähnlichen Hoffnungen für das Europa des 20. Jahrhunderts verknüpft wird. Agartha wird darin zum Hoffnungsträger für eine kriegsmüde Menschheit auf eine friedliche Zukunft. Helena Petrowna Blavatsky - das Reich der Mahatmas[Ausführungen zu diesem Thema werden demnächst hier zu finden sein. J.D.] Alexandre Saint Yves d'Alveydre - die Mission IndiensDer schon genannte Alexandre Saint Yves
d'Alveydre war der erste europäische
Autor, der sich intensiv mit dem Mythos von Agartha
beschäftigte. In seinem Buch "Mission de
l'Inde en Europe", das nie in deutscher
Sprache erschien, schildert er seine Erkenntnisse.
Die folgenden Abschnitte aus diesem nur schwer
zugänglichen Buch (schon 1925 hatte Sven Hedin
erhebliche Schwierigkeiten, dieses Buch in die Hand
zu bekommen) werden so wiedergegeben, wie sie bei
den genannten Autoren zitiert werden. Robert Charroux zitiert folgenden Abschnitt aus dem Buch "La Synarchie" von Jaques Weiss, in dem dieser eine Kurzfassung der von Alexandre Saint Yves d'Alveydre in seinem Buch vorgelegten Schilderung von Agartha wiedergibt: [S. 142:]
"Agartha ist die
große asiatische Universität der in die
Geheimnisse Eingeweihten. Ihr 'Mahatma'
(große Seele) spielt die Rolle eines
obersten geistigen Führers der Menschheit,
ohne sie sich anzumaßen. Der Grund
dafür? Ihre Wissenschaft hätte wie die
unsere dem übel, dem Antichrist und der
Anarchie im Kampf gegen die Menschheit die Waffen
geliefert. Die Geheimhaltung wird erst dann
überflüssig sein und aufgehoben werden,
wenn die von Moses und Jesus aufgestellten Gebote
von den Christen gehalten werden, d.h. wenn die
An-archie in der Welt durch die Synarchie
abgelöst wird. (Merkwürdig ist, daß
diese Worte sich fast mit denen der
Marienerscheinung in dem portugiesischen Dorf [Fatima
J.D.] decken: 'Wenn man auf meine Bitte hört,
wird Rußland sich bekehren, und man wird
Frieden haben.') [S. 143:] Es ist nicht tunlich, genauere Angaben als die folgenden zu geben: Vor der Ankunft Rams wurde das Hauptquartier von Agartha, das sich in Ayodhya, der Sonnenstadt, befand, an einen anderen Ort verlegt. Im Jahr 1800 v. Chr. siedelte das Heiligtum endgültig an einen Ort im Himalaya über, der Millionen von Asiaten bekannt ist. Doch wird man unter ihnen keinen finden, der diese neue Residenz verrät. (Wir haben den 'Christus Rex' Serge Raynaud de la Ferrière - Pontifex Maximus der Weltkirche, Höchster Regent von Agartha, Direktor des ständig tagenden Weltbüros für kulturelle Fragen usw. persönlich kennengelernt. Er verlegte den Eingang zu Agartha in die Gegend des Klosters Chigatzeh und von Kwen Lun. Wir haben auch den Prinzen Cherenzii Lind, Maha Cohan, sehr gut gekannt. Auch er bezeichnete sich als den höchsten Regenten von Agartha und versprach, uns in das nördlich von Lhasa gelegene, unterirdische Heiligtum zu führen. Wir haben sogar die Ehre gehabt, von Agartha wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt zu werden.) In dem heiligen
Gebiet von Agartha leben 20 Millionen Menschen (Nach
Angabe des Maha Cohan soll auch der Apostel Paulus
noch heute im Großen Rat Gottesdienst
abhalten.) Es gibt dort kein Gefängnis, nie
wird die Todesstrafe verhängt. Die
Polizeigewalt liegt in den Händen der
Familienväter. In den Bibliotheken ist seit 55700 Jahren alles Wissen und alle Kunstfertigkeit der Menschheit in Dokumenten gesammelt worden. Sie befinden sich in tiefen unterirdischen Gewölben. Auch die Profanen dürfen sie benutzen. Die eigentlichen Archive der Paradesa (Universität) sind in auf Tausende von Kilometern sich erstreckenden Galerien untergebracht. An dem Tag, da in Europa das anarchische Regime durch die dreieinige Synarchie abgelöst wird, werden alle diese Kostbarkeiten allen zugänglich sein. Bis dahin
aber gilt: Wehe den Vorwitzigen, die sich
daranmachen Die Fakire sind meistens ehemalige Schüler von Agartha, die ihre Studien abgebrochen haben, bevor sie höhere Grade erreichten. Keiner kann jedoch Originaltexte seiner Schulbücher mitnehmen. Er muß sein Wissen allein im Gedächtnis aufbewahren. Als im sechsten Jahrhundert v. Chr. Sakya Muni (Buddha) nach einem Ausflug in seine Zelle zurückkehrte, stieß er einen furchtbaren Schrei aus: Verschwunden waren die Studienhefte, auf die er gerechnet hatte, um seine im geheimen vorbereitete revolutionäre Bewegung zu vollenden. Vergebens lief er zum höchsten Tempel, wo der Brahatma wohnt. Die Pforten blieben unerbittlich verschlossen. Vergebens setzte er eine ganze Nacht lang alle seine Kenntnisse der Magie ein. Die Hierarchie hatte alles vorausgesehen und wußte alles. Der Begründer des Buddhismus mußte fliehen und in aller Eile seinen ersten Schülern diktieren, was er im Gedächtnis hatte behalten können." [alle Zitate nach: Robert Charroux, 1969, S. 142-144 (Die
innerhalb des Zitats in runde Klammern gesetzten
Abschnitte sind die Kommentare von Jaques Weiss.)] Sven Hedin zitierte in seinem 1926 erschienenen
Aufsatz über Ferdinand Ossendowski umfangreiche
Abschnitte aus dem Buch von d'Alveydre in
französischer Sprache. Hier werden diese
Abschnitte zunächst unübersetzt
wiedergegeben. Im Vorwort schreibt d'Alveydre: "A cette déclaration à fond les
réserves de l'Asie et y sentant toute la
portée de mon acte, je n'hésite pas
à dire qu'il constitute en lui-même un
coup d'Etat autrement important que tous ceux
qu'aient jamais accomplis les hommes politiques,
depuis que les destinées de l'Humanité
leur sont livrées. [Weitere
Ausführungen zu diesem Thema werden
demnächst hier zu finden sein. J.D.]
Ferdinand Ossendowski - eine Flucht voller WunderIn seinem Buch "Tiere, Menschen und Götter", das in weiten Teilen seine Flucht aus dem revolutionären Rußland schildert, teilt Ferdinand Ossendowski neben den Berichten über Feuergefechte mit seinen Verfolgern, Räuberüberfälle und Beschreibungen der atemberaubenden Landschaften Innerasiens auch zahlreiche legendenhaft anmutende Nachrichten mit, die er aus dem Mund heiliger gelehrter Männer gehört haben will. So wurde sein Buch zu einem wichtigen, wenn auch umstrittenen Quellentext für das Agartha-Mysterium. Seine diesbezüglichen Darstellungen beruhen, wie der Asien-Forscher Sven Hedin nachweisen konnte, nicht auf selbst vor Ort in Erfahrung gebrachten Nachrichten, sondern basieren auf dem schon vorgestellten Buch von A. Saint Yves d'Alveydre. Aber gerade wegen dieses Umstands soll das mittlerweile nahezu unbekannte Buch Ossendowskis hier in den Abschnitten berücksichtigt werden, die Agartha betreffen. Im folgenden Kapitel werden dann die Feststellungen Sven Hedins referiert. So dürfte es dem Leser möglich sein, sich ein eigenes Bild von dieser Problematik zu machen. Im folgenden werden anhand seines Buches die Reisen Ossendowskis so ausführlich wie nötig geschildert, um den geographischen Raum abzustecken, den seine Darstellung umfaßt. Die einzelnen Stationen dieser Reisen waren für ihn nach seinen eigenen Worten auch Stufen auf dem Weg zum Mysterium von Agartha. Abweichend von Ossendowskis eigener Darstellung, die zunächst weitgehend eine reine Reiseschilderung ist und erst in der letzten Kapiteln die Berichte über Agartha wiedergibt, werden die Agartha-Berichte hier in der zeitlichen Reihenfolge wiedergegeben, wie der Berichterstatter sie hörte. Ferdinand Ossendowski wurde im Jahr 1920 in der sibirischen Stadt Krasnojarsk von den Wirren der Russischen Revolution von einer Stunde auf die andere in eine abenteuerliche Flucht gezwungen. Zunächst lebte er bis ins Frühjahr 1921 hinein als Jäger in einer einsamen Hütte am Ufer des Jenissei. Als seine Lage auch hier unsicher wurde, entschloß er sich, zusammen mit einem Agronomen, den er kennengelernt hatte, in Richtung Süden zu fliehen. "Da ich meine geographische Position in Sibirien gut kannte," schreibt Ossendowski, "entschied ich mich dahin, daß der beste Weg zur Sicherheit folgender sei: durch Urianhai nach dem nördlichen Teil der Mongolei, der zum Quellgebiet des Jenissei gehört, und dann quer durch die Mongolei hindurch nach dem Fernen Osten und dem Stillen Ozean." [Ossendowski, 1923, S. 41] Auf dem Weg durch die von der Kizill-Kaja-Bergkette durchkreuzten Steppen von Minusinsk, wo sich auch zahlreiche Salzseen befinden, stieß er auf eigenwillige Steinbauten. "Dies ist ein Land der Gräber, das Land Tausender großer und kleiner Dolmen, der Grabmäler seiner ersten Besitzer: Steinpyramiden bis zu zehn Meter Höhe, die als Denkmäler von Dschingis Khan auf seinem Eroberungswege und später von dem Krüppel Tamerlan-Timur aufgerichtet wurden. Tausende dieser Dolmen und Steinpyramiden erstrecken sich in endlosen Reihen in nördlicher Richtung." [Ossendowski, 1923, S. 43-44], berichtet Ossendowski. Schließlich gelangten die beiden Flüchtlinge an die Grenze von Urianhai. Mit gefälschten Pässen ausgestattet, schmuggelten sie sich von einer sowjetischen Poststation zur anderen, immer ihr Ziel, die Südgrenze Rußlands, vor Augen. Sie machten Halt in der Stadt Karatuz, durchzogen das Tal des Amyl und gelangten auf diese Weise schließlich drei Tage später zum letzten russischen Dorf an der Grenze. Am Amyl muß Ossendowski auch zum ersten Mal mit der Legende von Agartha konfrontiert worden sein. Er schreibt: "Alte Leute am Ufer des Amylflusses erzählten mir, daß einer alten Legende zufolge ein gewisser mongolischer Stamm, um den Anforderungen Dschingis Khans zu entgehen, sich in dem unterirdischen Land verborgen habe. Ein Sojot, der aus der Nähe des Sees Nogan Kul stammte, zeigte mir das rauchende Tor, das einen Eingang zum Königreich Agarthi darstellen soll. Durch das Tor sei früher einmal ein Jäger in das Königreich gekommen. Nach seiner Rückkehr habe er zu erzählen begonnen, was er dort gesehen hatte. Darauf hätten ihm die Lamas die Zunge ausgeschnitten, um ihn daran zu hindern, das Mysterium preiszugeben. Als er alt geworden sei, sei er dann zu der Eingangsstelle der Höhle zurückgekommen und, angezogen durch die alten Erinnerungen, in dem unterirdischen Königreich verschwunden." [Ossendowski, 1923, S. 345] Weitere drei Tage später hatten sie den
nördlichen Rücken des Sajangebirges
überschritten, durchritten den Grenzfluß
Algiak und verließen so Rußland. Der
weitere Weg führte sie zum Fluß Seybi,
von wo aus sie in die Bergkette des Hohen Daban
hinaufritten. Ihren Weg richteten sie nun auf den
Kleinen Jenissei, den letzten großen
Fluß vor der eigentlichen Mongolei. Diesen
Fluß von dreihundert Meter Breite
überwand Ossendowski mit seinem Pferd
schwimmend, ein lebensgefährliches Unterfangen
in den reißenden Fluten des eisigen Wassers.
Die Schwierigkeiten des vor ihnen liegenden Weges
abschätzend, verzichtete Ossendowski nun
darauf, seinen ursprünglichen Plan zu verfolgen
und das Tannu-Ola-Gebirge zu überschreiten. So
wandte er sich mit seinem Gefährten in Richtung
auf den Kosogol-See. Von dort aus wollte Ossendowski
weiter nach China. Die weitere Reise begann
vielversprechend. Nur zwei Tage brauchten die
Reiter, um den Paß zwischen den Tälern
des Buret Hei und des Kharga zu erreichen. Am
Fluß Oina wurden sie von Sojoten aufgehalten,
die ihnen untersagen wollte, in das Gebiet des
Fürsten von Soldjak einzureiten. Von einem
alten Sojoten, dessen Sohn Ossendowski mit
einfachsten Mitteln von einem anhaltenden
Nasenbluten heilte, wurde die Gruppe nach Soldjak
geführt. Der "Ta Lama", der 'große
Doktor', sollte seine Künste auch an der Frau
des Fürsten, die an einer Augenkrankheit litt,
zeigen. Zehn Tage verbrachte er in der Jurtenstadt
Soldjak, dann brach er mit einem vom Fürsten
gestellten Führer nach Kosogol auf. Schon der
erste Tag der Reise brachte sie zum Heiligen See
Teri Nor. Dort erfuhr Ossendowski erstaunliches
über dieses Gewässer: "Unser
Führer setzte uns auseinander, daß der
See vor zwei Jahrhunderten nicht bestanden und
sich dort eine sehr starke chinesische Festung
befunden habe. Ein chinesischer Befehlshaber der
Festung habe einen alten Lama beleidigt, vom dem
dann der Ort unter der Prophezeiung, daß ihm
völlige Zerstörung bevorstünde,
verflucht worden sei. Schon am nächsten Tage
hätte sich das Wasser aus dem Boden erhoben,
die Festung zerstört und alle chinesischen
Soldaten verschlungen." [Ossendowski, 1923,
S. 86] Als Beweis verwies der Führer auf die Gebeine von Menschen und Pferden, die bei Sturm an die Ufer des Sees geworfen würden. Ossendowski weist noch darauf hin, daß der See sich jährlich vergrößert und immer näher an das ihn umgebende Gebirge herantritt. Die Ursache des Anwachsens des Sees dürfte allerdings mehr in einer geologischen Besonderheit der Gegend zu suchen sein, vielleicht auch in einem seit zweihundert Jahren verstopften Abfluß des Sees, als in mysteriösen Flüchen. Auf dem weiteren Weg verlor der Führer in der Gebirgslandschaft die Orientierung. Dieser wollte schon zum Ausgangspunkt zurückkehren, da entdeckte ein Gefährte Ossendowskis Markierungen, die den verlorenen Weg wiesen. Den Übergang über den Paß von Darkhat Ola mußte sich die Gruppe gegen einen Trupp bolschewistischer Revolutionäre erkämpfen. Glücklich über den Paß gelangt, erfuhren sie von mit ihren Herden nach Nordwesten fliehenden Sojoten, dass bolschewistische Truppen die russische Niederlassung von Khatyl am Kosogol-See erobert und sich dann nach Muren Kure, südlich davon gewandt hätten. In dieser Lage entschlossen sich Ossendowski und seine Gefährten, zwischen diesen beiden Orten hindurchzustoßen, um das weiter im Osten liegende Van Kure zu erreichen. Sie erreichten den Kosogol-See, der nach der Worten Ossendowskis im Krater eines erloschenen Vulkans liegt. Schließlich führte sie ihr Weg zum Ufer des Uriflusses. Dort erfuhren sie, daß ihnen der weitere Weg zum Stillen Ozean verschlossen war. In den Gefechten zwischen den bolschewistischen Truppen und den von Baron Nikolai Roman Maximilian von Ungern-Sternberg geführten antibolschewistischen Einheiten, hatte der Baron zwei Niederlagen hinnehmen müssen. Auch hatte die bolschewistische Propaganda bei den chinesischen Behörden in Urga dazu geführt, dass alle Ausländer als verdächtig angesehen wurden, zu den Feinden der Bolschewiki zu gehören. Auch wurden aufgegriffene Ausländer nach Rußland ausgeliefert. Unter diesen Gefahren war es nicht möglich, den Weg wie geplant fortzusetzen. In dieser Lage entschloß sich Ossendowski, den Weg nach Süden zu wenden. Er plante, eine Durchquerung der Mongolei von Norden nach Süden und einen schnellen Durchstoß durch das nur sechzig Meilen breite Gebiet der chinesischen Provinz Kansu zu wagen, um so nach Tibet zu gelangen. Von dort aus hoffte er mit englischer Hilfe nach Indien gelangen zu können. Die Strecke von 1100 Meilen legte die Gruppe
Ossendowski zufolge in 48 Tagen zurück. Auf dem
Weg stattete Ossendowski dem Narbantschi-Kloster
einen Besuch ab. Gastgeschenke wurden
überreicht und Ossendowski erhielt von dem
Vorsteher des Klosters, dem Hutuktu Jelyp Djarmsrap,
einen Ring, der ihm geradezu als Paß für
Tibet dienen sollte. An diesem Ort sollte er
Einzelheiten über den Mythos von Agartha
erfahren, die geradezu phantastisch waren.
Schließlich war Tibet erreicht. Am Ende dieses
Weges war Ossendowski von Fieber geplagt und fand
Aufnahme und Hilfe im Kloster Sharkhe. Fünf
Tage nach dem erneuten Aufbruch gelangte die Gruppe
an den See Koko-Nor und zog dann weiter zum
Tassoun-See. Sie kehrten zum Narbantschi-Kloster zurück, wo sie schon auf dem Hinweg Aufnahme gefunden hatten. Und auch hier will Ossendowski wieder Einzelheiten über den Mythos von Agartha in Erfahrung gebracht haben. Der Hutuktu des Klosters berichtete ihm von den Wundern des Königs der Welt. "Erst dann begann ich zu verstehen, daß in dieser Legende, mag es Hypnose oder Massenvision sein, nicht nur Mysterium, sondern auch realistische und mächtige Kraft verborgen liegt, die befähigt ist, die Entwicklung des politischen Lebens Asiens zu beeinflussen." [Ossendowski, 1923, S. 345], schreibt Ossendowski. Er war offensichtlich zutiefst beeindruckt von der Vision, die der gelehrte Abt vor ihm ausbreitete. Von dieser Zeit an begann Ossendowski, der bisher nur bruchstückhafte und an Märchen gemahnende Nachrichten über Agartha erfahren hatte, sich gezielt nach dem geheimnisvollen Reich zu erkundigen. Die Gruppe Ossendowskis mußte nun Pläne für die Weiterreise machen. Die russischen Offiziere, die die Kämpfe überlebt hatten, schlossen sich antibolschewistischen Truppen an. Ossendowski und der ihn begleitende Agronom richteten dagegen ihre Blicke wiederum nach Osten. Hier sahen sie die Möglichkeit, ihre bisher vergebliche Flucht fortzusetzen. Einige Zeit verbrachten sie in Uliassutai, der Hauptstadt der westlichen äußeren Mongolei. Zunächst saßen sie dort fest, denn "Im Westen wüteten die chinesischen Verwaltungsbeamten und ihre Truppen, und im Osten war ein Krieg ausgebrochen." [Ossendowski, 1923, S. 124] Baron Ungern-Sternberg war es zwar schon am 3. Februar 1921 gelungen Urga zu erobern, nachdem er im Januar zweimal zurückgeschlagen worden war, aber davon wußte Ende März in Uliassutai noch niemand, so auch nicht Ossendowski. Doch langsam sickerten Gerüchte über die neue Lage durch. So kamen die in Uliassutai ansässigen Nichtrussen überein, Kundschafter auszusenden. Dies waren Ossendowski und der Agronom, die von einem alten Mongolen namens Tzeren begleitet wurden. Diesen hatte ihnen Fürst Chultun Beyle zur Verfügung gestellt. Sie brachen in Richtung Kobdo auf. Am See Baga Nor nahmen sie nach einem zweitägigen Ritt, der sie 170 Meilen weit gebracht hatte, Aufenthalt in einer Jurte. In dieser Nomadenbehausung will Ossendowski eines der beeindruckendsten mystischen Erlebnisse seiner gesamten Reise gehabt haben. Als er mit seinen Begleitern bei der Jurte eingetroffen war, hatte recht überstürzt ein geheimnisvoller Mann, dessen Ausstattung einen hohen Rang anzeigte, den Ort verlassen. Die Bewohner der Jurte hatten dem Reisenden keine Auskunft über dessen Namen geben wollen. Doch dieses Rätsel sollte sich bald in einzigartiger Weise aufklären. Der geheimnisvolle Reiter erschien wieder in der Jurte. Man unterhielt sich über die Lage in der Mongolei. Als der Fremde vom geplanten Ziel Ossendowskis erfuhr, behauptete er, er habe Informationen, die eine Weiterreise nach Kobdo, die überaus gefährlich sei, unnötig machen würde. Schließlich kommt Ossendowski auf seinen gescheiterten Versuch zu sprechen, durch Tibet zu ziehen. Da gab sich der Geheimnisvolle als Tushegoun Lama zu erkennen. Der Name des Mannes weckte Erinnerungen in Ossendowski. "Wie viele außerordentliche Erzählungen hatte ich schon über diesen Mann gehört. Er ist ein russischer Kalmück, der infolge der Propaganda, die er für doe Unabhängigkeit des Volkes der Kalmücken trieb, zur Regierungszeit des Zaren die Bekannschaft vieler russischer Gefängnisse machen mußte und der aus demselben Grund von den Bolschewiki verfolgt wurde. Er entkam nach der Mongolei und erlangte hier sofort großen Einfluß unter den Mongolen. Das war kein Wunder; denn er ist ein enger Freund und Jünger des Dalai Lama in Potala (Lassa) und der gebildetste aller Lamaisten, ein berühmter Heilkundiger und Doktor." [Ossendowski, 1923, S. 134-135] Die Macht und der Einfluß, die dieser Lama ausüben konnte, beruhten seinen eigenen Angaben nach auf "seinem großen Wissen in den Dingen des Mysteriums". Allerdings scheint auch eine außerordentliche Grausamkeit, mit der er Verfehlungen unnachgiebig mit dem Tode bestrafte, nicht unbeteiligt an seinem eigenen Mythos gewesen zu sein. Zu guter Letzt bewies dieser Lama Ossendowski seine Macht. Ossendowskis Worte schildern eindringlich, was in der vom Wind umheulten Jurte geschah: "Er stand auf,
streifte die Aermel seines gelben Gewandes in die
Höhe, ergriff sein Messer und schritt zu dem
Schafhirten hinüber. Der Lama lehnte es ab, was er getan hatte, ein Wunder zu nennen. Als Ossendowski seinen Begleiter nach dem Geschehen fragte, reagierte dieser kaum. Da dämmerte dem Zeugen des unvorstellbaren Geschehens, daß er von dem Tushegoun Lama hypnotisiert worden war. Beim Abschied am nächsten Tag bezeichnete der Lama seine Vorführung als "flüchtige Demonstration". Dann wies er auf die Kräfte des Heiligsten Tashi Lama hin, auf dessen Befehl hin sich die "Lampen und Lichter vor der alten Statue Buddhas entzünden". "Aber es gibt noch einen mächtigeren und heiligeren Mann ..." fügte er geheimnisvoll hinzu. Und mit seiner darauf folgenden Frage rührte Ossendowski das größte mystische Rätsel Zentralasiens an. Ossendowski glaubte diesen heiligen Mann zu kennen. "Das ist der König der Welt in Agarthi?" fragte er seinen Gegenüber. Der Tushegoum Lama war erstaunt, dass sein Gesprächspartner vom König der Welt gehört hatte. Er fügte hinzu, er sei der einzige lebende Mensch, der jemals in Agartha gewesen sei und den heiligen Namen des Königs der Welt kenne. Deshalb sei er, der sonst nur ein Krieger und Rächer sei, vom Dalai Lama ausgezeichnet worden. Dies sollte Ossendowskis dichteste Berührung mit dem Mythos von Agartha gewesen sein. Kein Europäer sollte jemals wieder auf einen Mann treffen, der selbst in Agartha gewesen zu sein behauptete. Der weitere Weg führte Ossendowskis kleine Gruppe weiter in nördlicher Richtung durch das Tal des Boyagol-Flusses, auf die Tarbagatai-Berge zu. Sie gelangten zum Tal des Adair-Flusses und erreichten schließlich Kathyl am Kosogol-See. Dort erwarteten die Kundschafter schlechte Nachrichten. Es hieß, bolschewistische Truppen seien im Anmarsch. Sie wandten sich nach Muren Kure und kehrten unter weiteren Abenteuern nach Uliassutai zurück. Die Stadt trafen sie in größter Unruhe an. Die Chinesen hatten in den zwei Wochen der Abwesenheit Ossendowskis insgesamt elf Boten nach Urga gesandt, aber keiner war zurückgekehrt. Die in der Stadt anwesenden Ausländer fühlten sich von den Chinesen bedroht, die mittlerweile sogar die Bauern der Umgebung bewaffneten. Ausschreitungen und Pogrome gegen die in Kobdo ansässigen Russen ließen Schlimmes auch in Uliassutai befürchten. Der Höhepunkt der Bedrohung war schließlich erreicht, als ein Chinese offen die Entwaffnung der Russen in der Stadt forderte. Doch die Befürchtungen zerstreuten sich, als die Nachricht in die Stadt gelangte, Baron von Ungern-Sternberg habe Urga erobert. Der 'Lebende Buddha', Bogdo Hutuktu, war wieder der Khan. Nach längeren Verhandlungen zwischen den Mongolen, die nun die Oberhand hatten, und den Chinesen, kam man überein, dass der von den Chinesen verjagte Sait namens Chultun Beyli wieder in sein altes Amt eingesetzt wurde. Wieder war Ossendowski gezwungen, die Stadt zu verlassen, wiederum nicht zur eigenen Sicherheit. Er folgte Chultun Beyli, der sich zum Kloster Narabantschi begeben hatte, das von den Truppen des russischen Obersten Domojiroff und dem Mongolen Hun Bolon bedroht wurde. Es gelang Ossendowski die vertrackte Lage zu klären. Während seines nunmehr dritten Aufenthalts in diesem Kloster sollte Ossendowski ein weiteres Wunder erleben. Und er will nun auch noch mehr über Agartha erfahren haben. Er wurde vom Hutuktu in ein Gebäude des Klosters gebracht, in dem einst der Dalai Lama und Bogdo Khan gewohnt hatten. Darin zeigte man ihm ein prächtig ausgestattetes Schlafzimmer. In diesem Zimmer hatten sich einmal auf Geheiß eines Fremden alle Gelongs (Priester) und Getuls (Mönche dritten Ranges) versammeln müssen. Daraufhin gab sich der Fremde als der Tashi Lama zu erkennen. "Er war der Mann, dem die ganze Welt gehört und der in alle Mysterien der Natur eingedrungen ist.", schreibt Ossendowski. [Ossendowski, 1923, S. 206] Nach einem Gebet machte er Prophezeiungen für die nächsten fünfzig Jahre und verschwand, ohne eine Spur zu hinterlassen. Nachdem Ossendowski dies erfahren hatte, sollte er selbst ein weiteres Mal mit einem Mysterium konfrontiert werden. Seinem Bericht zufolge sah er hinter einer goldenen Buddhastatue in einer Vision seine Familie. Nachher ließ er sich diese Vision, deren Zeugen auch seine Begleiter geworden waren, verbriefen. An diesem Ort werden wohl auch die Gespräche über Agartha stattgefunden haben, die Ossendowski im Anschluß an seinen Reisebericht schildert. Neben Fürst Chultun Beyli und einem Gelong, der diesem sehr nahe stand, berichtete auch Baron Ungern von dem geheimnisvollen Reich, was Ossendowski in einer umfangreichen Passage schildert: "[S. 345:]'Alles in der Welt,'
sagte der Gelong, 'befindet sich beständig in
einem Zustand der Wandlung und des Nach all diesen eindringlichen Erlebnissen, die
am Rande der Wirklichkeit zu liegen scheinen, kehrte
Ossendowski wieder nach Uliassutai zurück. In
den Tagen nach seiner Ankunft kam es zu einer Lage,
die befürchten ließ, dass sich unter den
anwesenden russischen Truppen bald auch hier
Soldatensowjets bilden würden. Da beschlossen
die in der Stadt anwesenden Nichtrussen, die Stadt
zu verlassen. Ossendowski, der Agronom und zwei
polnische Soldaten wollten über Zain Shabi nach
Urga reisen. Etwa sechzig Meilen vor Zain trennte
sich die Gruppe. Ossendowski ritt, nur von einem
mongolischen Führer begleitet, allein weiter.
Bis zum Sonnenuntergang dieses Tages hatte er die
Stadt erreicht. Dort erwartete ihn die unangenehme
Aufgabe, 200 Meilen nach Van Kure zu reisen, wo er
Oberst Kazagrandi treffen sollte, den er eigentlich
in Zain zu treffen gehofft hatte. In Van Kure traf
er schließlich auf Kazagrandi und auch Baron
von Ungern-Sternberg traf dort ein. Von diesem mit
seinem eigenen weißen Kamel ausgestattet,
wurde Ossendowski in Richtung Urga weitergeschickt.
Endlich erreichte Ossendowski das Ziel der Reise: Urga, die Stadt, in der Bogdo Khan, der Lebende Buddha, seinen Sitz hatte. Hier traf er auch wieder auf Baron Ungern-Sternberg. Diesem verdankte Ossendowski eine Begegnung mit dem Lebenden Buddha, bei der er Zeuge der Niederschrift einer Prophezeiung des heiligen Mannes wurde. Doch diese klang "... sehr verwirrt und nichts weniger als klar ...". [Ossendowski, 1923, S. 298] Es ist die Geschichte eines alten Lamas, der einen Korb mit Steinen trägt. Ein weißer Reiter will ihm die Last abnehmen, doch ist sie zu schwer. Ein roter Reiter stößt ihm die Last von der Schulter, worauf die Steine sich als Diamanten entpuppen, die sich aber nun nicht mehr in den Korb legen lassen. Schließlich erscheint ein alter, schwächlicher Lama, der die Diamanten in den Korb legt und mit dem anderen Lama davonzieht, während die Reiter ergebnislos gegeneinander kämpfen. Die Deutung dieser Vision liegt sicherlich in der politischen Lage der Mongolei, um die sich die weißen (zaristischen) wie die roten (bolschewistischen) Armeen stritten. Die Hoffnung war, dass sich die Mongolen aus eigener Kraft zu helfen wüßten, ohne auf die eine oder andere Seite angewiesen zu sein. Und Ossendowski konnte in den folgenden Tagen auch selbst mit dem Lebenden Buddha sprechen. Dabei ließ er auch diese Gelegenheit nicht aus, weitere Erkundigungen über Agartha einzuziehen. Doch der Herrscher selbst beantwortete eine erste Frage nach der Legende vom König der Welt nur mit eisigem Schweigen. Dagegen fand er bei einem Lama, der die Bibliothek der lebenden Gottheit betreute, mehr Verständnis für sein Interesse. Geradezu unheimlich ist, was dieser Mann über den König der Welt zu berichten wußte: "[S. 352:]Das ganze Jahr
hindurch leitet der König der Welt die
Arbeiten des Pandits und Goros von Agarthi. Nur
gelegentlich begibt er sich zu der
Tempelhöhle, in der der einbalsamierte
Körper seines Vorgängers in einem Sarg
aus schwarzem Stein liegt. Diese Höhle ist
immer dunkel. Aber wenn der König der Welt
sie betritt, dann erscheinen Flammenstreifen auf
ihren Wänden und aus dem Sargdeckel treten
Flammenzungen hervor. Der älteste Goro
[Oberpriester; J.D.] steht mit bedecktem Haupt und bedecktem
Gesicht und mit Händen, die über der
Brust gefaltetet sind, vor dem König der Welt
das. Dieser Goro entblößt niemals sein
Gesicht, denn sein Kopf ist ein nackter
Schädel mit lebenden Augen und redender
Zunge. Er steht in Verbindung mit den Seelen
aller, die dahingegangen sind. Ossendowski ließ nicht locker. So wollte er von dem Bibliothekar auch wissen, wieviele Menschen jemals in Agartha waren. "[S. 356:]'Sehr viele,'
antwortete dieser. 'Aber sie alle haben geheim
gehalten, was sie dort sahen. Nachdem die Olets
Lassa zerstört hatten, drang eine ihrer
Abteilungen in den Bergen des Südwestens in
das Randgebiet von Agarthi ein. Hier lernten die
Olets einige der geringeren mysteriösen
Wissenschaften kennen und brachten sie mit sich
auf die Erdoberfläche zurück. Das ist
der Grund, warum Olets und Kalmücken so
geschickte Zauberer und Propheten sind. Auch aus
den Gebieten des Ostens drangen einige
Stämme schwarzen Volkes in Agarthi ein und
lebten dort mehrere Jahrhunderte hindurch.
Später wurden sie aus dem Königreich
ausgewiesen und kehrten auf die Erde zurück.
Sie besaßen nun das Geheimnis der
Wahrsagungen durch Karten, Gräser und den
Linien der Hand. Diese Leute sind die Zigeuner ...
Irgendwo im Norden Asiens gibt es einen Stamm, der
jetzt ausstirbt und der auch von den Höhlen
von Agarthi kam. Er ist besonders befähigt,
die Geister der Toten zurückzurufen, wenn sie
durch die Luft schweben.' Der Lama schwieg. Dann
fuhr er, als wenn er meine Gedanken beantworten
wollte, fort: 'In Agarthi schreiben die gelehrten
Panditas alle Wissenschaften unseres Planeten und
der übrigen Welten auf Steintafeln nieder.
Die gelehrten chinesischen Buddhisten wissen das.
Ihre Wissenschaft steht am höchsten und sie
ist die reinste. Einmal in jedem Jahrhundert
versammeln sich einhundert Weise Chinas an Auch Baron von Ungern-Sternberg konnte sich dem Mysterium von Agartha nicht entziehen. Ferdinand Ossendowski berichtet: "Dchiang Dchün Baron Ungern hat zweimal den jungen Fürsten Poulzig auf die Suche nach dem König der Welt entsandt. Das erste Mal kehrte der Prinz mit einem Brief vom Dalai Lama in Lhassa zurück. Als der Baron ihn ein zweites Mal aussandte, kam er nicht wieder." [Ossendowski, 1923, S. 357] In den grausamen Kriegswirren der Zeit ist es natürlich nicht unwahrscheinlich, daß der ausgesandte Fürst in irgendeinem Feuergefecht gefallen ist. Doch im Gedanken an die anderen Berichte über in Agartha eingedrungene Menschen dachte wohl auch Ossendowski daran, dass Poulzig einen Eingang in das unterirdische Königreich fand, und nicht zur Oberwelt zurückkehren wollte. Baron von Ungern-Sternberg war es schließlich, der Ossendowski die Weiterreise nach Osten ermöglichte. Am 20. Mai 1921 verließ er Urga und richtete seinen Weg in Richtung auf die nächste Station der Ostchinesischen Eisenbahn. Nach einem Kamelritt von zwölf Tagen, der ohne Zwischenfälle verlief, erreichte er bei Hailar die Bahnstrecke. Von dort aus reiste er nach Peking. In diesen ungestörten Tagen der Reise lauschte Ossendowski weiteren Erzählungen vom Reich Agartha aus dem Munde eines Turguten-Lamas, der ihn bis Peking begleitete. "[S. 347:]'Die Hauptstadt von
Agarthi ist von Städten umgeben, die von
Hohepriestern und Männern bewohnt sind. Sie
erinnern einen an Lassa, wo der Palast des Dalai
Lama, der Potala, die Spitze eines Berges
darstellt, der mit Klöstern und Tempeln
bedeckt Diese phantastischen Berichte sollen mit Ossendowskis eigenen Worten geschlossen werden, mit denen er das Geheimnis von Agartha beschwört: "Das sind die Erzählungen, die ich in den mongolischen Jurten der Fürsten und in den lamaistischen Klöstern gehört habe. Alle diese Geschichten wurden im feierlichen Ton vorgetragen, in einem Ton, der Widerspruch ausschloß. Mysterium!" [Ossendowski, 1923, S. 350] Eine Flucht quer durch das Herz Asiens war beendet. Und Ferdinand Ossendowski war dem Mysterium von Agartha so nahegekommen, wie kaum ein zweiter Mensch seiner Zeit. Doch sind seine Behauptungen wahr? Sven Hedin - die Einwürfe eines WissenschaftlersSven Hedin, Das
enthüllte "Mysterium der Mysterien".
Ossendowski als Nachschreiber, in: S. Hedin,
Ossendowski und die Wahrheit, Leipzig: F.A.
Brockhaus 1925, S. 78-109
[Ausführungen zu diesem Thema werden demnächst hier zu finden sein. J.D.] Nicholas Roerich - Shambhala, die verwunschene WeltDer bekannteste Exponent des Rätsels von Shambhala ist bis heute der russische Maler und Schriftsteller Nicholas Roerich. Im Jahr 1923, Ossendowski hatte im Jahr zuvor in den USA den Bericht über seine abenteuerliche Flucht veröffentlicht, begann nach jahrelangen Verzögerungen Roerichs erste große Asien-Expedition. Auf seinen folgenden zahlreichen und ausgedehnten Expeditionsreisen durch das Herz Asiens stieß er immer wieder auf diesen Mythos. In verschiedenen Büchern teilt er Einzelheiten aus seinen Gesprächen mit gelehrten Buddhisten und Hindus mit, die ihm von Shambhala berichteten. "Auf die Frage, ob Shambala ein realer Ort sei, erhielt er von einem Lama 1928 die Antwort, es sei das allmächtige himmlische Reich. Ein anderer Lama erzählte ihm, Shambala sei eine prächtige Stadt im Herzen von Agarthi, wo der 'König der Welt' regiere. Roerich ließ sich überzeugen, daß Agarthi durch unterirdische Tunnel mit allen Ländern der Erde verbunden sei." schreibt Jennifer Westwood, Roerichs Äußerungen über Shambhala extrem verkürzend. Daher ist es unumgänglich, sich Roerichs eigenen Worten zuzuwenden, um zu beurteilen, was er über Shambhala dachte und wußte. (wird weitergeführt ...) LiteraturlisteCharroux,
Robert, Phantastische Vergangenheit,
München: Herbig 21969 |