St. Thomas of Acre
Ein englischer Ritterorden und seine Geschichte
von Jörg Dendl
[Update: 03. September 2009]

Inhalt
Die Gründung 10.05.2004
Anfänge und Aufgaben 10.05.2004
Die Ausbreitung des Ordens 10.05.2004
Ordensreform 10.05.2004
Geringe Bedeutung 10.05.2004
Das Ende des Ordens 10.05.2004
Literatur 10.05.2004
Zurück zur Startseite

Die umstrittene Gründung

Der in den Urkunden militia Hospitalis sancti Thomae martyris Cantuarensis de Acon genannte Orden, besser bekannt unter dem englischen Namen Knights of St. Thomas oder Hospitallers of St. Thomas of Canterbury kurz St. Thomas of Acre, war einer der Orden, die von einer zunächst rein karitativen Organisation in eine militärische umgewandelt wurden. Bis in das dritte Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts war der Orden nicht als Ritterorden aufgetreten.

Die früheste Erwähnung des Ordens findet sich in den Imagines historiam des Ralph von Diceto aus dem Ende des 12. Jahrhunderts. Die Einleitung der Dunstable Annals für das Jahr 1231 gibt als Gründer des Ordens einen gewissen Hubert Walter an, der am Dritten Kreuzzug (1187-1192) teilgenommen hatte. Eine weitere Überlieferung nennt als Gründer König Richard I. Löwenherz (1157-1199), der den Orden im Jahr 1192 vor Akkon ins Leben gerufen haben soll, weil ihn eine Erscheinung von St. Thomas im Jahr 1190 aus Seenot gerettet habe. Ebenso wird die Ordensgründung mit König Henry II. (1133-1189) in Zusammenhang gebracht. Dieser soll den Orden auf ein Gelübde hin gegründet haben, das er zur Buße des von ihm veranlassten Mordes an Thomas Beckett (1118-1170), dem Erzbischof von Canterbury, geleistet hatte. Dieser Ursprung des Ordens wird allerdings nur in einer Chronik des Deutschen Ordens aus dem 15. Jahrhundert erwähnt. Eine weitere Nachricht über die Ordensgründung behauptet, diese gehe auf Thomas Fitz Theobald de Helles zurück zu Ehren von St. Mary und St. Thomas of Canterbury.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis


Anfänge und erste Aufgaben, Regel und Habit

Nach den bisherigen Erkenntnissen scheint der Orden zur Zeit des Dritten Kreuzzuges in Akkon gegründet worden zu sein. Anfangs handelte es sich um eine Gruppe von Regularkanonikern, deren erster Prior der Kaplan Ralph de Dicetos wurde. Die ersten Aufgaben des Ordens waren die Sorge um arme Pilger und Begräbnisse. Im Jahr 1207 wird auch die Auslösung von Geiseln durch den Orden erwähnt. Die Ordensbrüder lebten nach der Augustinerregel und trugen eines weißes Habit mit einem roten Kreuz, das in der Mitte eine weiße Muschel hatte. Nach der Umwandlung in einen militärischen Orden trugen die Brüder ein Kreuz auf der Brust.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis


Ausbreitung und Einkommen des Ordens

Der Orden blieb, wie auch viele andere, nicht auf den Osten beschränkt. Im Jahr 1213 erhielt er vom Earl of Essex zwei Hospitäler in England geschenkt, darunter das St. Johns Hospital als Lepra-Hospital.
Trotz der Zuwendungen, die der Orden von einzelnen Gönnern, die Akkon besuchten, erhielt, blieb die Versorgungslage schwierig. Es gab lange Zeit keine Unterstützung aus dem Westen, und man war auf Almosen angewiesen, um den gestellten Aufgaben nachkommen zu können. In dieser Lage sandte der Orden im Jahr 1207 einen Boten nach England, der Almosen sammeln sollte, um die für den Loskauf von Geiseln notwendigen Mittel zu erhalten. Es gelang dem Orden auch, in den späteren Jahren größere Geschenke an Geld und Land zu erhalten, darunter auch die schon erwähnten Hospitäler. Doch waren einige dieser Zuwendungen an das Hospital St. Johns gebunden und konnten so nicht anderweitig verbraucht werden.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis


Die Reform des Ordens

Auf die schlechte finanzielle Lage des Ordens hin veranlaßte Bischof Peter de Roches in den späten zwanziger Jahren des 13. Jahrhunderts eine Reform. Er entfernte die Kanoniker aus dem Orden und wandelte ihn in einen Militärorden um. Als neue Regel wurde die Regel des Deutschen Ordens angenommen. Die erfolgte Umwandlung ist primär mit der persönlichen Einstellung des Bischofs zu erklären, der sich als "Kriegerbischof" sah. Ebenso kann dem Königreich Jerusalem einiger Einfluß auf diese Umwandlung zugeschrieben werden, das Interesse an einer militärischen Organisation hatte. Unter der Regel des Deutschen Ordens konnte St. Thomas of Acre auch weiterhin seine karitativen Aufgaben verfolgen. Die Umwandlung des Ordens wurde im Jahr 1236 vom Papst bestätigt und wurde mit Sicherheit im Jahr 1227 durchgeführt, da sich Bischof Peter zu dieser Zeit in Akkon befand. In der Terminologie und in der Unterscheidung von 'milites' und 'presbiteri' folgte der kleine Orden dem Vorbild der großen Ritterorden, wie den Templern. Ebenso gab es in den englischen Besitzungen Ansätze zu einer provinziellen Organisation. Die Kontrolle über diese Besitzungen übte der Vorsteher des Hauses in London aus. Es steht fest, daß der Orden schon vor seiner Umwandlung in einen militärischen Orden größere Besitzungen in England zu seiner Verfügung hatte, darunter Land in Doncaster.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis


Geringe Bedeutung

Die Quellenlage für die Tätigkeit des Ordens in Akkon ist sehr unsicher. Die schon angesprochene Chronik des Deutschen Ordens aus dem 15. Jahrhundert erwähnt, daß St. Thomas of Acre bei der Verteidigung von Akkon 5000 Mann führte, die der englische König ins Hl. Land geführt hatte. In den Hauptquellen zum Fall von Akkon wird der Orden nicht erwähnt. Ludolph von Sudheim erwähnt St. Thomas of Acre als einen der Orden, die sich ständig im Kampf gegen die Heiden befanden.
Die Tätigkeit des Ordens in England und insbesondere in London ist weitaus besser zu verfolgen. Das Haus des Ordens in London stand auf Grund und Boden, der einst der Familie Thomas Beckets gehört hatte. Verbunden mit diesem Haus war auch Landbesitz in und in der Umgebung von London. Der Zeitpunkt der Gründung des Hauses ist, wie auch das des Ordens, umstritten. Eine Urkunde datiert die Gründung noch vor die Eroberung von Akkon (1191), allerdings wird im gleichen Dokument das Wort 'militia' zur Beschreibung des Ordens verwendet, was aber erst nach 1227 zutreffen konnte. So wird angenommen, dass die Gründung des Londoner Hauses zwischen 1220 und 1230 erfolgte.
Die Umwandlung des Ordens hatte aber nicht den Erfolg, dass aus dem armen, kleinen Orden eine in jeder Hinsicht gefestigte Organisation wurde. Der geringe Erfolg des Ordens läßt sich wohl am besten an den bekannten Zahlen der Mitbrüder ablesen, die immer äußerst gering waren. So waren es im Jahr 1444 nur 12 Brüder, 1463 noch 9 und schließlich, kurz vor der Auflösung des Ordens, noch 6 Brüder. Die Urkunde, mit der die Auflösung des Ordens bestätigt wurde, unterzeichneten nur 2 Brüder, der letzte Vorsteher und ein Mitbruder.
Die schlechte finanzielle und personelle Lage des Ordens legt schon früh nahe, ihn einem der anderen Orden anzuschließen. So sollte im späten 13. Jahrhundert ein Anschluß an den Templerorden erfolgen. Doch ein Nachfahr des Gründers des Hauses von London und andere Mitglieder des Ordens protestierten gegen dieses Vorhaben. Dabei ging es vor allem darum, dass durch den Anschluß der Charakter des Ordens verändert werden würde und die Besitzungen in fremde Hände gelangen würden. Der Orden wurde den Templern zwar nicht angegliedert, aber er war auf deren die finanzielle Hilfe angewiesen. So pachtete der Orden sein Haupthaus in Akkon von den Templern. Aber auch unter diesen Umständen konnte der Orden seine unabhängige Tätigkeit in Akkon auch nach dem Fall der Stadt fortsetzen.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis


Das Ende des Ordens

Das Hauptquartier des Ordens mit dem Sitz des Vorstehers wurde zunächst nach Zypern verlegt, wechselte dann aber nach England, wo sich der Vorsteher des Hauses von London als 'magister generalis' bezeichnete. Später residierte er, den Aussagen eines Reisenden nach, wieder in Limassol auf Zypern. Im Jahr 1357 bezeichnete sich der Vorsteher des Londoner Hauses als 'head of the whole order'. Schließlich wurde im Jahr 1458 die Autorität des Vorstehers über den ganzen Orden bestätigt. Der Orden gab seine militärische Rolle wieder auf und frühestens seit 1379 wurde wieder die Augustinerregel angenommen. Das Ende der militärischen Aktivitäten des Ordens hatte an sich keine Auswirrkungen auf die Aufgaben der Brüder im Westen. Sie hatten sich schon früher hauptsächlich um karitative Aufgaben gekümmert. Am Ende des 14. Jahrhunderts ging ein Großteil der Häuser des Ordens in Privatbesitz über. Das Haus in London dagegen widmete sich weiterhin der Sorge um die Armen und Kranken. Als in London das Interesse an mehr Bildung für breitere Schichten größer wurde, richtete man im Londoner Haus eine 'Grammar School' ein. In der Kirche des Ordens wurden an verschiedenen hohen Festtagen Messen gelesen und viele Adelige ließen dort Totenmessen zum Wohl ihrer Seelen lesen. Die Mercers Company, die schon im späten 14. Jahrhundert in den Räumlichkeiten des Londoner Hauses ihre Versammlungen abgehalten hatte, wurde am Anfang des 17. Jahrhunderts zum Patron des Ordens. Nach der Auflösung des Ordens St. Thomas of Acrre kaufte die Mercers Company den restlichen Besitz des Ordens auf.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis


Literatur

Forey, A. J., The military order of St. Thomas of Acre, in: The English Historical Review, No. CCCLXIV (Juli 1977), S. 481-503

Zurück zum Inhaltsverzeichnis



Zurück zum Seitenanfang
Zurück zur Startseite